Wohl alle kennen die beeindruckende Wirkung einer alten Allee, bei der die Baumkronen zu einem geschlossenen Dach, quasi einem grünen Tunnel zusammengewachsen sind. Solch Alleen prägen seit fast 300 Jahren die Kulturlandschaft. In Frankreich als Schattige Wege in herrschaftlichen Gärten erfunden, bedeckten sie nach und nach Europas Straßen und Wege, so auch in Sachsen. Alte Baumalleen sind kulturhistorisch wertvoll. Sie geben Zeugnis von ehemaligen Verkehrswegen oder sind gestalterisches Element bei Zufahrten zu Schlössern und Gutshäusern. Landstraßen und Chausseen waren generell Alleen. Oft wurden diese als prächtige Einfallstraßen bis in die Zentren der Städte hineingeführt.
Menschen und Tiere mussten mit Muskelkraft von A nach B kommen. Die Alleebäume wirkten dabei als Schattenspender und Frischluftproduzenten sowie Verarbeiter von CO2, obwohl das damals noch nicht so wichtig war wie heute. Sie bilden mit Böden und dem Wasserhaushalt ein komplexes System, das auch das Klima mitbestimmt, schützen sie doch vor Hitze, Wind, Bodenaustrocknung sowie Erosion. Sie dienen Tieren, vor allem Vögeln und Insekten als Lebensraum, vernetzen Biotope und stärken die biologische Vielfalt.
Alleen prägen Bild und Charakter der Landschaft und in Städten die Straßenräume positiv. Die Stadtplaner der Gründerzeit nutzten dies als Grundprinzip der Straßenraumgestaltung, was hohe Lebens- und Aufenthaltsqualität für das Wohnumfeld sowie für das Fortbewegen mit Muskelkraft garantiert. Dabei leisten Alleen einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung der Menschen mit ihrer Region bzw. ihrer Stadt. Durch den Klimawandel bekommen sie eine besondere Bedeutung für die Hitzebekämpfung und damit für die Gesundheit der Menschen. Hitzetote zu vermeiden ist eine neue Herausforderung. Intensiv begrünte Straßenräume und insbesondere Alleen helfen wesentlich, senken sie doch die Umgebungstemperatur deutlich.
Dem Nutzen und der Wohlfahrt, die uns die Alleebäume bringen, wird der Umgang mit ihnen in keiner Weise gerecht. Allein an sächsischen Bundes- und Landstraßen wurden zwischen 2010 und 2018 63.250 Bäume gefällt. Nur 24.700 Bäume wurden im gleichen Zeitraum neu gepflanzt. Ähnlich sieht es an den Kreis- und Gemeindestraßen aus. Auch in Ortsdurchfahrten von Dörfern und Städten wurden und werden Alleen der Straßenverbreiterung geopfert. Die Gesamtbilanz ist trotz Neupflanzungen negativ. Diverse Ausbauplanungen zeigen keine Trendwende. Statt an den Straßen neue Bäume zu pflanzen, werden anderenorts sogenannte Ausgleichsmaßnahmen vorgenommen. Mit den fehlenden Bäumen verlieren die Straßen auch ihren gestalterischen Rahmen, wie auch ihre weit sichtbare räumliche Führung, was für Landstraßen wichtig ist. Die Hauptursachen für weniger Alleen sind Regelungen (Regelungen, Richtlinien, RPS), die ein straßennahes und damit alleeartiges Pflanzen ausschließen. Das Pflanzen mit erlaubten größeren Abständen scheitert zudem meist daran, dass die dafür erforderlichen Ackerflächen von der Landwirtschaft verständlicherweise nicht abgegeben werden. Zudem wird das Nachpflanzen in Bestandsalleen, obwohl erlaubt, nur selten vorgenommen.