Aktivitäten

Im Mittelpunkt der Aktivitäten des AlleenForums steht die Unterstützung von Bürgerinitiativen, die um den Erhalt von Altalleen kämpfen, wie es z. B. in Wurzen betreffs der S 11 bzw. der Eduard-Schulz-Straße sowie der Hirschbergstraße oder bei der Leisniger Allee oder der Lindenallee an der Promenade in Riesa erfolgte oder aktuell in der Gartenstadt Marga / Senftenberg oder bezüglich der Karl-Marx-Straße in Frankfurt (Oder) stattfindet.

Wichtiges Ziel des AlleenForums ist es, gegenüber Politik und Verwaltung darauf hinzuwirken, dass die „baumfeindlichen“ Regelwerke modifiziert werden, um mehr Alleen erhalten und neu pflanzen zu können. Ein Ansatzpunkt war dabei der Koalitionsvertrag der Landesregierung von 2019, in dem CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen vereinbart hatten, „den Rückgang von Straßenbäumen und Alleen zu stoppen und für eine Trendumkehr zu sorgen, u. a. durch ein Programm zur Anlage von Baumreihen und Alleen. Dazu sollte sich auch auf Bundesebene dafür eingesetzt werden, dass die Richtlinie für den passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme RPS überarbeitet wird“.

Leider ist trotz dieser Bekundungen unter der letzten Landesregierung innerhalb Sachsens kaum etwas geschehen, abgesehen von der Initiative des damaligen Staatsministers für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, Wolfram Günther, über die Umwelt- bzw. Verkehrsministerkonferenz des Bundes Änderungen der „baumunfreundlichen“ Regelwerke zu erwirken. Das unterstützend hat sich das AlleenForum parallel mit diversen Schreiben und Vorschlägen für pflanzfreundlichere Regelungen, auf die weiter unten eingegangen wird, ebenso an die Umwelt- sowie Verkehrsministerkonferenz gewandt.

Inzwischen wird gemäß Beschluss der Verkehrsministerkonferenz an einem neuen Empfehlung Bäume an Straßen (E BaS) gearbeitet, welches die Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäumen (ESAB) und das Merkblatt Alleen 1992 zusammenzufassen soll. Inwieweit auch die RPS eine Fortschreibung im Sinne reduzierter Abstände zwischen Bäumen und Straße erfahren wird, ist offen.

Allgemein ist bekannt, dass es in Deutschland Jahre braucht, bis Regelwerke überarbeitet werden und es bleibt offen, ob diese dann überhaupt „baumpflanzfreundlicher“ geworden sind. In der Zwischenzeit werden weiterhin beim Straßenausbau, gerade in Sachsen wie bisher, zu wenig Bäume neu gepflanzt und vorhandene Alleen dezimiert. Dieser Zustand ist nicht akzeptabel, besonders angesichts dringend notwendiger Maßnahmen zur Klimaanpassung. Leider zeigt auch die neue Alleenkonzeption 2030 des Landes Brandenburg kaum Tendenzen einer kritischen Auseinandersetzung mit der RPS. Vielmehr wird konstatiert, dass mangelnder Grunderwerb landwirtschaftlicher Nutzfläche Ursache für das Nichtpflanzen neuer Alleen ist. Dabei wird außer Acht gelassen, dass Baumabstände gemäß RPS von 7,5 m keine eigentliche Allee ermöglicht, bei der Kronenschluss über der Fahrbahn charakteristisch ist. Ansonsten sollte ehrlicherweise von zwei Baumreihen gesprochen werden, die nie ein grünes Straßendach erzeugen werden. Insofern ist das Titelbild der Konzeption irreführend, zeigt es doch eine Allee, die es zukünftig nicht mehr geben kann, weil sie z. B. abstandsmäßig als Bundes- und Landesstraße nicht richtlinienkonform ist.

Wir benötigen eine kurzfristige Zwischenlösung, die aus verschiedenen Gründen auch grundsätzlich möglich ist. Zunächst deshalb, weil die RPS lediglich eine Handlungs- oder Ausführungsvorschrift ist und kein formelles Gesetz darstellt. Ähnlich verhält es sich mit den Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume (ESAB), die nur als Empfehlung gelten. Beide Regelwerke sind technische Standards, die beachtet werden sollten, aber nicht zwingend, wie Gesetze angewendet werden müssen. Vielmehr ist hinsichtlich der Einordnung von Alleebäumen damit eine ingenieurmäßig kreative Herangehensweise erforderlich.

Bezüglich Sachsen ist dabei hervorzuheben, dass beide Regelwerke vom Bundesverkehrsministerium zunächst nur zur Anwendung bei Bundesstraßen vorgegeben wurden, da dort in der Vergangenheit besonders häufig Unfälle mit Aufprall auf Bäume auftraten, die unkorrekterweise oft als „Baumunfälle“ [1] bezeichnet werden. Ziel war es, diese Unfälle zu reduzieren. Für die übrigen untergeordneten Landesstraßen im Zuständigkeitsbereich der Länder – in Sachsen sind das die Staatsstraßen – wird vom BMV lediglich empfohlen, die RPS und ESAB „im Interesse einer einheitlichen Vorgehensweise bzw. Straßengestaltung und eines einheitlichen Sicherheitsniveaus“ anzuwenden.

Sachsen geht darüber hinaus und wendet diese Regelungen auch auf untergeordneten, meist weniger frequentierte Straßen wie Kreis-, Ortsverbindungs- oder Gemeindestraßen an. Daher werden bei Baumaßnahmen an diesen Straßen unnötigerweise oft Alleebäume gefällt und aufgrund der geforderten großen Mindestabstände und fehlenden Möglichkeiten zum Grundstückserwerb oft nicht neu gepflanzt.
Die stetig sinkenden Unfallzahlen mit Baumaufprall – in Sachsen seit 1995 ein Rückgang von bis zu 86,4 % – zeigen, dass ein baumpflanzfreundlicherer Umgang mit den Regelwerken RPS und ESAB möglich ist. Eine differenzierte Anwendung könnte den Alleenbestand besser schützen, ohne die Verkehrssicherheit unverhältnismäßig zu gefährden.

Ein zentraler Vorschlag des AlleenForums sieht vor, die Anwendung der Regelwerke auf Bundes- und Staatsstraßen zu beschränken, wie es ursprünglich vom Bundesverkehrsministerium vorgesehen war. Für untergeordnete Straßen, etwa Kreis- und Gemeindestraßen, sollten die Regelwerke nur dann herangezogen werden, wenn nachweislich eine Häufung von Baumaufprallunfällen besteht. Für Straßen mit sehr geringem Verkehrsaufkommen (unter 3.000 Fahrzeugen pro Tag) wird vorgeschlagen, die Anwendung der Regelwerke ganz auszusetzen. Zusätzlich könnten differenzierte Abstandsregelungen eingeführt werden: Geringere Baumabstände in geraden Straßenabschnitten und weiten Kurven würden den Alleecharakter bewahren, während in engen Kurven größere Abstände für bessere Sichtverhältnisse sorgen könnten.

Ein positives Beispiel stellt hierbei das Land Brandenburg dar, das mit fachlicher Unterstützung des im Rahmen der Alleenkonzeption 2030 des Landes Brandenburg gegründeten „Kompetenzzentrums für Straßenbäume und Alleen“ deutlich alleenfreundlichere Rahmenbedingungen geschaffen hat. Ähnlich progressiv wird es seit Jahren schon in Mecklenburg-Vorpommern praktiziert.

Das AlleenForum ist mit diversen Schreiben (UMK) (Backhaus) (Schäfer) und darin enthaltenen Vorschlägen an die Umweltminister- bzw. Verkehrsministerkonferenz, vor allem aber auch an die 3 sächsischen Staatsminister (Günther) (Schmidt) (Dulig) (SMWA-Dulig) für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, für Regionalentwicklung sowie für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr herangetreten. Von letzterem, dem für die Abstandsregelungen wichtigsten Partner, ist eine Antwort (SMWA) eingegangen, die auf die Vorschläge kaum eingeht und wenig Hoffnung macht, dass bald etwas progressives im Sinne des Koalitionsvertrages passiert. Ähnlich ernüchternd ist die Antwort des Ministeriums für Regionalentwicklung, bei der auf die Zuständigkeit der regionalen Planungsverbände verwiesen wird.

Während die Änderung der Abstandsregelungen bzw. deren variablere Anwendbarkeit sicher etwas Zeit braucht, könnte zunächst, als schnell umsetzbares Ziel vereinbart werden, den Erlass des BMV von 2017 zum möglichen Nachpflanzen von Lücken in Bestandsalleen konsequent anzuwenden und die dafür benötigten Finanzmittel einzuplanen, was angesichts der aktuellen Verschärfung der der Klimaveränderung sinnvoll und äußerst notwendig ist.

Es bleibt abzuwarten und zu hoffen, dass der Schutz, Erhalt und die Neupflanzung der sächsischen Allen unter der neuen Landesregierung ab 2025 einen höheren Stellenwert erhalten, als dies bisher der Fall war. Bitter notwendig wäre es allemal.

[1] Die Verwendung des Begriffs „Baumunfall“ ist politisch nicht korrekt, bringt doch diese Begriffsverkürzung die Bäume an sich in das Licht von Schuldigen bzw. Verursachern von Unfällen. Unfallursache ist aber menschliches Versagen, wie z. B. das Abkommen von der Fahrbahn mit der Folge des Aufpralls auf Boden-, Grün- oder Ackerflächen, Bauwerke, Verkehrsleiteinrichtungen etc. oder eben auch an Bäume. Keiner spricht aber von Acker-, Haus- oder Straßenlaternenunfällen. Im weiteren Text wird daher beim zitierten Baumunfall eine u. E. korrekte Bezeichnung eingefügt. Diese wird im Übrigen im Titel der ESAB richtig verwendet. Als korrektere Begriffsverkürzung wird die Verwendung von Baumaufprallunfall oder Unfall mit Aufprall an Bäume vorgeschlagen. Als bedauerlich einzuschätzen ist, dass die GDV in ihrem Forschungsbericht – wie auch andere Institutionen – den nicht korrekten Begriff Baumunfall anwendet.

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